Netzausbau – wo liegt das richtige Maß?

Österreichs Stromversorgung soll bis 2030 bilanziell zu 100% auf Erneuerbare umgestellt werden. Zugleich wird der Verbrauch elektrischer Energie zunehmen: im Verkehrsbereich, in der Industrie, durch Sektorkopplung. Das stellt auch die Stromnetze vor neue Herausforderungen, welche der Schlüssel für eine zuverlässige und stabile Stromversorgung sind.

Im Unterschied zu fossilen Großkraftwerken erzeugen erneuerbare Energietechnologien oftmals dezentral (z.B. private PV-Anlagen, Kleinwasserkraftwerke, etc.), ihre Leistung ist abhängig von der Tages- und Jahreszeit sowie der Witterung. Zusätzlich gibt es eine steigende Anzahl an neuen dezentralen Verbrauchern wie Elektroladesäulen und Wärmepumpen. Dies führt zu lokalen Leistungs- und Verbrauchsschwankungen, die mit dem Netz bewältigt werden müssen. Die Integration dieser neuen Produzenten und Verbraucher in das Stromnetz erfordert jedenfalls Investitionen in den Ausbau der Stromverteilnetze und in eine Digitalisierung, damit diese Netze besser reguliert werden können.

Laut einer Studie im Auftrag von Oesterreichs Energie beträgt der zusätzliche Investitionsbedarf in die österreichischen Stromverteilnetze bis 2030 ca. 7,9 Mrd. Euro, bis 2040 beläuft sich der Bedarf auf etwa 15,7 Mrd. Euro. Diese Investitionen sind neben den regulären Ersatzinvestitionen zu tätigen, welche bis 2030 etwa 7,3 Mrd. Euro und bis 2040 14,6 Mrd. Euro betragen werden.

Der Ausbau von Netzen ist volkswirtschaftlich aufwändig. Zu geringer Netzausbau wiederum führt zu volkswirtschaftlichen Kosten, weil erneuerbare Erzeugungsanlagen abgeregelt werden müssen, ihre Produktion verloren geht und bestimmte regionale Verbraucher nicht angeschlossen werden können.

Was aber ist jetzt besser: zu viel oder zu wenig Netzausbau? Die Antwort fällt überraschend eindeutig aus:

Bis 2030 ist der Effekt noch überschaubar. Ab 2040 würden bei einem Unterausbau von 30% aber jährlich volkswirtschaftliche Kosten in der Höhe von fast 1,6 Mrd. Euro anfallen. Ein Überausbau von 30% würde hingegen nur etwa 133 Mio. Euro jährlich kosten. Der wirtschaftliche Schaden, der bei Unterausbau durch schlechtere Netzanbindungen und instabilere Versorgung entsteht, übersteigt also jenen des Überausbaus um ein Vielfaches.

Angesichts dessen erscheint es wichtig, schon jetzt vorausschauend in das Stromnetz zu investieren, da der Bedarf an Netzkapazität in den nächsten Jahren kontinuierlich steigen wird

Quelle: Österreichs Energie 2022, Der volkswirtschaftliche Wert der Stromverteilnetze auf dem Weg zur Klimaneutralität in Österreich