Stickstoffdünger – der Sonnenhebel

Ammoniak ist einer der Grundpfeiler unserer Ernährung. Mit dem Haber-Bosch-Verfahren kann pflanzenverfügbarer Stickstoffdünger hergestellt werden, was die Photosyntheseleistung der Pflanzen erhöht. Optimal mit Stickstoff ernährte Pflanzen wachsen wesentlich besser, und sie produzieren – umgerechnet auf Energieeinheiten – wesentlich mehr an zusätzlicher Biomasse, als für die Stickstoffherstellung aufgewendet werden muss. Haber und Bosch haben deshalb auch den Nobelpreis für „Brot aus Luft“ bekommen. Ohne die Herstellung dieses Düngemittels seit Beginn des 20. Jahrhunderts wären wir heute nicht in der Lage, etwa 8 Milliarden Menschen zu ernähren.  

Doch wie bei so vielen Technologien verlangt die Klimakrise auch hier ein Umdenken. Beim Haber-Bosch-Verfahren werden Stickstoff (N2) aus der Luft und Wasserstoff (H2) bei hoher Temperatur und hohem Druck an einem Eisen- oder Rutheniumkatalysator zu Ammoniak (NH3) synthetisiert. Dieser Prozess ist aufgrund der starken Bindung des Stickstoffmoleküls nur unter hohem Energieaufwand möglich. Zusätzlich wird der benötigte Wasserstoff mittels Dampfreformierung hergestellt, welche auf der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Gas oder Kohle beruht.

Dieses Verfahren benötigt etwa 2% des globalen Endenergieverbrauchs und verursacht mit 450 Millionen Tonnen etwa 1 % der globalen CO2-Emissionen.

Da die Produktion von Ammoniak für die Nahrungsversorgung unabdingbar ist und bis 2050 durch Bevölkerungswachstum ein Anstieg der Produktion um 40% erwartet wird, müssen für die Zukunft Alternativen gefunden werden.

Ein CO2-neutraler Haber-Bosch-Prozess könnte über die Verwendung von grünem Wasserstoff aus Elektrolyse oder CCS-Technologien erreicht werden. Die Umsetzung dieser nachhaltigen Lösung ist jedoch nicht ganz einfach, da aktuell eingesetzte Reaktoren für den Einsatz von fossilen Energieträgern optimiert sind. Da für diese Umstellung hohe Investitionen notwendig sind, sieht der aktuelle Pfad der Industrie für 2030 nur einen Anteil von 3 % an nachhaltig produziertem Ammoniak vor.

Es gibt auch Ideen für vollkommen neue chemische Verfahren zur Herstellung von Ammoniak. Voraussetzung wäre ein alternativer Katalysator. Einer Gruppe von Wissenschaftlern an der Universität Tokio gelang es Ende 2022, einen Katalysator auf Basis von Molybdän zu entwickeln, welcher bei Raumtemperatur funktioniert und sich dem Prozess der natürlichen Produktion von Ammoniak in Pflanzen annähert. Ein entscheidender Vorteil gegenüber dem Haber-Bosch-Prozess ist hier weiter, dass Wasser vermengt mit Samarium anstelle von energieintensivem Wasserstoff als Reaktant eingesetzt werden kann. Die für den Prozess notwendige Energie kann erneuerbar zur Verfügung gestellt werden.

Trotzdem diese Verfahren von einer industriellen Nutzung noch weit entfernt sind, bieten die Ergebnisse eine Aussicht auf eine zukünftig effizientere und vor allem klimaneutrale Herstellung von Ammoniak.

Quellen:

IEA 2021: Ammonia Technology Roadmap

Spektrum 2023: Ersatz für den Haber-Bosch-Prozess gesucht