Definition und technik

Geothermie bezeichnet die Nutzung der Energie, welche im Inneren der Erde in Form von Wärme gespeichert vorliegt. Diese stammt aus dem Zerfall natürlicher Radionuklide in Gesteinen der Erdkruste sowie aus dem Wärmeaustausch mit dem tieferen Erdmantel. Obwohl 99% des Erdvolumens heißer als 1000°C ist kann nur ein Bruchteil davon technisch genutzt werden. Technische Erschließungen umfassen den Tiefenbereich von wenigen Metern (Horizontalkollektoren) bis derzeit ca. 5 km (Hydrogeothermie, Petrogeothermie). Für die Erschließung der im Festgestein oder Tiefenwasser benötigten Wärme benötigt man unterirdische Wärmetauscher. Diese werden als geschlossene Systeme (z.B. horizontal oder vertikal in Bohrungen eingebaute Schlauchkreisläufe) oder als offene Systeme (Grundwasser- oder Thermalwasserbohrungen) realisiert.

Die Hauptanwendung der Geothermie liegt in der Wärmegewinnung. Mit geothermischen Anlagen kann aber auch elektrische Energie (Wärmeprozess in Kombination mit Fernwärme) produziert oder gekühlt werden. Darüber hinaus besitzt die Geothermie auch eine zunehmende Bedeutung in der saisonalen Speicherung von Wärme im Untergrund. Liegt die Erdwärme in Temperaturbereichen unter 30°C vor muss die Wärmeaufbereitung mit Hilfe von Wärmepumpen erfolgen. Die Wärme kann mittels Wärmepumpen direkt genutzt werden, sie kann allerdings auch z.B. mittels Kraft-Wärme-Kopplung in Energie umgewandelt werden.

geschichte

Geschichte

Schon die alten Kelten, Gallier und Germanen nutzten die Geothermie in Thermalquellen. Auch die Römer konstruierten schon vor 2.000 Jahren sogenannte Thermen. Es gibt archäologische Beweise dafür, dass amerikanische Ureinwohner Orte an geothermischen Quellen mehr als 10.000 Jahre benutzten. Erste industrielle Anwendungen gab es bei der Extraktion von Chemikalien aus natürlichen geothermischen Manifestationen in Italien. In Frankreich wurde das erste, heute noch existierende geothermische Fernwärmenetz bereits im 14. Jahrhundert begonnen. 1913 entstand in Lardarello (Italien) das erste geothermische Stromkraftwerk der Welt. Mittlerweile wird die Geothermie weltweit in über 88 Staaten genutzt. In Österreich wurde die erste geothermische Installation zur Wärmegewinnung in den 1970er Jahren im steirischen Bad Waltersdorf umgesetzt.

 
(c) RAG Austria AG

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Geothermie Heute

Die Geothermie hat abseits der vulkanischen „Hochtemperatur-Regionen“ (z.B. Island, Indonesien oder Neuseeland) bislang nur einen geringen Anteil an der globalen Energieversorgung – noch handelt es sich hierbei um einen Nischentechnologie. 2019 wurden mit Hilfe der Geothermie global etwa 400 TWh (Wärme, Strom oder Kälte) bereitgestellt. Die weltweit gebräuchlichste Form der geothermischen Anwendung ist die Nutzung der Umgebungswärme im oberflächennahen Untergrund mit Hilfe von Wärmepumpen (Anteil ca. 44% der produzierten Energie), gefolgt von der Produktion elektrischer Energie (Anteil ca. 25%) sowie der Nutzung in Thermalbädern (Anteil ca. 14%). Die Versorgung der Wärme für kommunale Fernwärmenetze folgt nur an 4. Stelle. Der Ausbaugrad der Geothermie ist sehr gering. Nur etwa 7% aller bekannten natürlichen Heißwasservorkommen werden derzeit genutzt. Andere Technologien, wie die Nutzung heißer aber nicht bis kaum Wasser führender Gesteine sowie die Nutzung der Umgebungswärme im Boden sind räumlich kaum begrenzt.

In den vergangenen Jahren erfuhr die Geothermie globale Zuwachsraten von ca. 5% pro Jahr. Besonders stark ist hierbei die Nutzung von Wärmepumpen in der Individualnutzung gestiegen. Im Bereich Stromproduktion und Fernwärme ist vor Allem die Türkei zu erwähnen, die 2010 in die Geothermienutzung eingestiegen ist und seitdem über 1 GW elektrische Energie und 3,5 GW Fernwärme installiert hat. Abseits der Türkei sind in Europa Island, Italien, Deutschland und Frankreich (insbesondere der Großraum Paris) führend in der Nutzung der Geothermie für Verstromung und Direktwärme. Bei der Nutzung der Geothermie mittels Wärmepumpe sind vor Allem die Skandinavischen Länder sowie der DACH Raum inkl. Österreich führend. Die Marktzahlen aus dem Jahr 2019 zeigen auch, dass China vermehrt auf die Nutzung der Geothermie für Fernwärme, aber auch individuelle Gebäudeheizung zählt. In nur wenigen Jahren ist China zur weltweit führenden Nation in der geothermischen Wärmenutzung aufgestiegen.

Quelle: Wold Geothermal Congress 2020

Österreich

Die Nutzung der Geothermie in Österreich nahm ihren Ursprung in den Ölkrisen der 1970er. Etwa zeitgleich wurden die ersten geothermisch versorgten Wärmepumpen (insbesondere so genannte „Direktverdampfer“ – eine österreichische Spezialität) installiert und die energetische Nutzung von Thermalwässern (Direktanwendung) angewendet. Die erste geothermische Direktanwendung fand in Bad Waltersdorf (Steirische Thermenregion) statt. Bis vor wenigen Jahren war die Nutzung der Geothermie für Direktwärme und Strom eng mit der Nutzung in Thermalbädern verknüpft. Nach Ende des „Thermenbooms“ in Österreich fand in den vergangenen 10 Jahren eine Neuorientierung in der Geothermie hin zur energetischen Nutzung statt. Derzeit existieren in Österreich 9 geothermische Wärmeheizwerke mit einer Gesamtleistung von ca. 95 MW. An zwei Standorten wird seit nahezu 20 Jahren auch elektrische Energie mit Hilfe der Geothermie gewonnen, wobei die installierte Gesamtleistung beider Anlagen mit 1,2 MW sehr gering ist.

Der Geothermie Markt in Österreich wird auch mit über 70.000 Anlagen von individuellen Wärmenutzungen mittels Erdwärmepumpen beherrscht. Die genaue Anzahl der installierten Wärmeleistungen sind leider nicht bekannt, es wird aber eine Größenordnung von ca. 1 GW (inkl. Stromanteil der Wärmepumpe) geschätzt, wobei ca. 75% - 80% der Wärme von der Geothermie bereitgestellt wird. Ähnlich wie in der globalen Situation, deckt die Geothermie in Österreich bislang nur eine Nische innerhalb der Erneuerbaren ab (ca. 2,5% der Wärmebereitstellung, weniger als 0,1% der Strombereitstellung). Auch in Österreich beträgt der Ausbaugrad der Nutzung der bekannten Thermalwasservorkommen nur ca. 10%, sodass ein deutlicher Ausbau der Geothermie technisch möglich ist. Geothermie deckt in Österreich den Niedertemperaturbereich zwischen weniger als 10°C (Umgebungswärme) bis ca. 150°C ab.